
Bildnachweis: Ursula Schindlbeck, bearbeitet von genossenschaften.de
Landwirtschaft und Energiewende mit Agri-PV vereinen
Viele Energiegenossenschaften stehen vor dem gleichen Problem: Freie Flächen, die für die Nutzung von PV-Anlagen in Frage kommen, sind hart umkämpft. Besonders in Regionen mit intensiver Landwirtschaft stoßen Freiflächenanlagen auf Widerstand, da das Ackerland nicht mehr für die landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung steht. Dies gilt auch für das bayrische Oberland. Um diesen Konflikt aufzulösen, setzt die Energiegenossenschaft Oberland eG seit zwei Jahren auf Agri-Photovoltaik-Anlagen (Agri-PV), die eine Doppelnutzung von Flächen für Landwirtschaft und Energieerzeugung ermöglichen. Damit sind sie die Ersten in der Region und erproben ein vielversprechendes Modell für andere Bürgerenergie-Initiativen.
Wie Innovation Interessenkonflikte überwindet
Seit ihrer Gründung 2013 in Peißenberg verfolgt die Energiegenossenschaft Oberland eG das Ziel, die Energiewende in ihrer Region aktiv mitzugestalten. Der sonnenreiche Süden Bayerns eignet sich optimal für den Einsatz von Photovoltaikanlagen. Mit dieser Technologie treiben die über 450 Mitglieder seit Jahren den Ausbau einer nachhaltigen regionalen Energieversorgung voran. Doch seit einiger Zeit stoßen sie an Kapazitätsgrenzen. Der Grund dafür ist die Flächenkonkurrenz zwischen der Erzeugung von Lebensmitteln und der Energieerzeugung. Nachdem die Genossenschaft mit zwei herkömmlichen Freiflächen-PV-Anlagen gestartet war, musste nun eine Alternative her, wenn der Ausbau weiter voran gehen sollte.
„Diese Anlagen haben in der Zeit, als sich wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine die Strompreise überschlagen haben, sehr viel Liquidität in unsere Kassen gespült. Dieses Geld wollten wir in die Energiewende reinvestieren“, erklärt Vorstand Alexander Rossner die damalige Ausgangslage.
So begann der Vorstand Ende 2022 damit, sich eingehend mit dem Thema Agri-PV auseinanderzusetzen. Anlagen dieser Art ermöglichen es, auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gleichzeitig Strom zu erzeugen und Tiere weiden zu lassen und boten damit eine optimale Lösung. Im Juli 2023 stand die Finanzierung und die Genossenschaft beauftragte einen Generalunternehmer mit der Planung und dem Bau von fünf Anlagen. Baubeginn war im Frühjahr 2024, bis zum Herbst 2024 waren alle Anlagen fertiggestellt und abgenommen.
Win-Win-Situation für Landwirtschaft und Energieversorgung
Einer der Landwirte, der seine Wiesen an die Genossenschaft verpachtet, ist Korbinian Hutter. Er unterstützt die Projekte aus mehreren Gründen. Zum einen profitiert er finanziell von der Zusammenarbeit:
„Unser Betrieb ist mit 25 Milchkühen eigentlich zu klein, um dauerhaft wirtschaftlich zu arbeiten. Dafür müsste ich den Hof eigentlich um 200 Prozent vergrößern“, erklärt Hutter.
Durch die Pachtzahlungen der Energiegenossenschaft könne er den Hof in der bisherigen Größe weiterführen, so der Landwirt weiter. Zudem lege er als Betreiber eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebs Wert auf regionale Produkte, dies gelte auch für Strom. Darüber hinaus spenden die Module den Tieren Schatten, was in den immer heißeren Sommern ein entscheidender Beitrag zum Tierwohl sei, wie Korbinian Hutter erläutert.
Die Genossenschaft achtet außerdem bei allen genutzten Flächen auf die Begrünung. In den umgebenden Gebieten werden Feldhecken und neue Bäume angepflanzt. Das hat positive Effekte über die gepachteten Flächen hinaus: Die Standorte werden ökologisch aufgewertet und die Biodiversität deutlich verbessert.
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